Sich selbst erkennen und endlich genug sein

10. November 2022 Weg

Von Zeit zu Zeit scrolle ich durch alte Fotos von mir und die Erfahrung, die ich mache, erstaunt mich, rüttelt mich wach und belehrt mich auf meinem Weg im Hier und Jetzt. Beim Betrachten der alten Fotos erkenne ich mich manchmal kaum wieder. Ich denke mir Dinge wie: „Das bin ‚ich‘?“; strahlend, weiblich, sanft, schön, lebendig. Wenn ich mich allerdings daran erinnere, welche Gedanken und Gefühle ich zur damaligen Zeit über mein Äußeres und über mich selbst hatte, dann ähneln diese ganz bestimmt nicht der aktuellen Wahrnehmung. Wie traurig es ist, dass wir unsere Kraft, alles was wir schaffen, erschaffen, leisten und sind, oft erst im Nachhinein erkennen, wenn der Moment längst vergangen ist. Können wir denn jemals heute (jetzt!) vollkommen und gut genug sein? 

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Jetzt leben

Vor längerer Zeit habe ich mir selbst ein Versprechen gegeben. Ich lasse das Leben nicht mehr an mir vorüberziehen. Ich will mich nicht mehr verkennen, mich klein machen (lassen) und erst im Nachhinein die angebrachte Achtung für meinen Weg entwickeln. Einmal war ich mit einem meiner besten Freunde in der Stadt unterwegs. Wir sprachen früher oft über Mann-Frau Beziehungen, er ist einer meiner engsten Vertrauten und kennt mich ungefilterter als die meisten Menschen. In einem Nebensatz hat er mal was gesagt wie „du checkst es ja ohnehin nicht, wenn Männer dich als Frau gut finden“. Abends alleine zuhause kam mir der Satz wieder in den Kopf und verdammt, er hatte so recht! Mit absoluter Sicherheit weiß ich, dass ich mit dergleichen verkannter Wahrnehmung nicht alleine bin (unabhängig des Geschlechts) und das sollte nicht so sein. Es geht nicht darum uns selbst zu erhöhen, aber warum nur fällt es den meisten von uns so schwer, uns selbst in der zauberhaften Einzigartigkeit zu „sehen“ und zu erkennen, die wir sind? Uns selbst mit all(!) den bunten Facetten zu lieben. 

Ich weiß, dass es ein morgen und übermorgen gibt. Heute schreiben wir die Geschichten, auf die wir eines Tages zurückschauen werden. Doch viel mehr, als später wehmütig auf verlebte Tage zurückzuschauen geht es doch darum, hier und jetzt in Freude, Frieden und Liebe zu leben. Im Moment zu sein bedeutet voller Vertrauen und in tiefer Weisheit jeden Augenblick auszukosten, unser natürliches Leuchten aufblitzen zu lassen, ohne irgendetwas aufsetzen zu müssen. In tiefem Wissen, dass alles schon da ist. Dass ich heute schon gut genug bin. Dass ich mich nie wieder – von mir selbst oder anderen – meiner Würde berauben lasse und dass ich mich ganz bestimmt nicht mehr verbiege, nur um anderen vielleicht besser ins Bild zu passen.

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Vollkommenheit erfahren

Jeder von uns kennt vollkommene Momente. Der erste Blick in den Sonnenaufgang. Der Moment, wenn wir die frische Morgenluft einatmen, noch bevor sich ein Gedanke zu dieser Wahrnehmung bildet. Der Wind, der uns sinnlich und sanft über die Haut streichelt oder das Funkeln der Augen eines Menschen, der uns aufrichtig gegenübersteht. In den Momenten, wenn keine Gedanken unsere Wahrnehmung trüben, ist alles was wir brauchen bereits da. Erst unser Denken, konditionierte Muster und anerlernte Glaubenssätze verschleiern die Wirklichkeit um uns herum. Anhalten, aussteigen, wieder mit den neugierig leuchtenden Augen eines Kindes in die Welt blicken. Die Stille öffnet uns den Weg des Unbedingten!  

Unbedingte Liebe, kein Objekt. Unbedingte Freude, kein Auslöser. Unbedingte Fülle, Hier und Jetzt ist das Leben vollkommen. Bin ich vollkommen. Angenommen und rein. Unser Wesenskern ist unversehrt und unbefleckt. Unsere Existenz braucht keine Berechtigung. Der Sinn ist das Sein in sich. Ist Freude in sich. Ist in sich ruhend als das, was es ist. 

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Anhalten, neu starten

Wenn ich heute im Alltag wieder einen Zweifel an mir selbst wahrnehme und mich in unbewussten Bewertungen wiederfinde, halte ich an. Spüre die Wirklichkeit meines Körpers und erkunde, was hinter der Beurteilung steckt. Meistens finde ich da irgendeine Angst oder Unsicherheit. Mit mitfühlenden Augen betrachte ich meine Wahrnehmung und erkenne, dass sie leer ist. Ein Filter, der keinerlei Wahrheit in sich trägt. Sodann wird mein Herz weicher und ich trete mir selbst aus dem Weg, werde weiter und freier – bin hier und jetzt genug.

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